Naturdeko by Frieda
- Katja Schmidt
- 4. Mai
- 2 Min. Lesezeit

Wenn es zu kalt oder regnerisch ist, dann können Frieda und ich nicht nach draußen gehen, denn schnell friert sie im Rollstuhl sitzend und nass werden wollen wir schon gar nicht riskieren. Doch sobald es warm genug und im besten Fall noch sonnig ist, machen wir unsere Runde im Garten und angrenzenden Park und ich sammle für sie, was es eben auf dem Boden, auf der Wiese, Bäumen und Sträuchern an interessantem Dekomaterial zu finden gibt. Frieda ist 92 und dement. Sie nimmt das Leben wie es ist, klagt manchmal über Schmerzen vom vielen Sitzen, plaudert gern und kommt mit den anderen recht gut aus, es sei denn jemand weicht auf dem Gang nicht aus, wenn sie sich mit dem Rollstuhl am Handlauf entlang vorwärts bewegt, dann kann sie schon einmal "goschert" werden. Frieda isst und trinkt leidenschaftlich gern und das am liebsten mit den Fingern und nicht mehr ganz gesellschaftsfähig, wie man meinen möchte. Aber selbstverständlich gehe ich mit ihr ins Caféhaus im Pflegeheim, denn das ist etwas, was sie gerne tut und sie auch in ihren Fähigkeiten und Sozialkompetenz bestärkt. Sie ist durchaus in der Lage, mit den vor ihr stehenden Getränken umzugehen und nur im äußersten Notfall greife ich ein, falls die gesamte Ladung Schlagobers vom Cappuccino die sie auf dem langstieligen Löffel in Richtung Mund balanciert droht, auf ihr hübsches Pailetten-Oberteil zu rutschen. Ich empfinde es eher als sinnlich und spielerisch hingebungsvoll, manchmal beinahe gierig, als hätte sie Angst nie mehr so etwas Gutes zu bekommen und wenn was daneben geht, kann man es abwischen, die Serviette nehmen, oder sich die Finger einfach abschlecken. Na und? Wenn ich Frieda etwas zum "Basteln" in die Hand gebe, dann ist es eben diese Hingabe die sie mit ihren knochigen und etwas steif gewordenen Fingern Gänseblümchen, Gräser, Zapfen und Blätter so ineinander stecken, anordnen, oder festhalten lässt, dass jedes Mal ein kleines Deko-Kunstwerk entsteht, dass sie mit einem Glänzen in den Augen betrachtet und es ist ganz frei, kreativ und ohne Zutun entstanden, so wie sie es eben gerade machen wollte. Beim letzten Besuch habe ich ein wenig geholfen und die "Zapfengirlande" hat dann ihren Rollstuhl geschmückt. Du hast ein Auge für´s Schöne Frieda - ganz im Sinne von "man sieht nur mit dem Herzen gut" denke ich bei mir und freu mich schon auf unseren nächsten Spaziergang.
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